Avenir et passé n'ont pas beaucoup de sens, ce qui compte, c'est le devenir-présent : la géographie et pas l''histoire, le milieu et pas le début ni la fin, l'herbe qui est au milieu et qui pousse par le milieu, et pas les arbres qui ont un faîte et des racines. [...] Fuir, ce n'est pas du tout renoncer aux actions, rien de plus actif qu'une fuite. C'est le contraire de l'imaginaire. C'est aussi bien faire fuir, pas forcément les autres, mais faire fuir quelque chose, faire fuir un système comme on crève un tuyau. [...] Fuir, c'est tracer une ligne, des lignes, toute une cartographie.
Gilles Deleuze / Claire Parnet
extrait de Dialogues, éditions Flammarion, 2008
California Dreamin'“ ist eine der Überraschungen des Comic-Rentrée-littéraire 2015. Diesmal hat die erfolgreiche Comiczeichnerin Pénélope Bagieu („Joséphine“, „La page blanche“ u.a.) ihren bewährten, gefälligen Ligne-Clair-Stil zugunsten eines spontaneren und lebendigeren Zeichenstils aufgegeben und sich einem authentischen, biographischen Stoff zugewendet: der Geschichte der Band The Mamas & The Papas. Im Zentrum steht dabei die heute in Vergessenheit geratene Ikone Cass Elliot, deren starke Persönlichkeit und außergewöhnliche äußere Erscheinung eine hervorragende Vorlage für eine unterhaltsame Graphic Novel liefern. Bagieu beweist wahres Talent im Story Telling und fängt in ihren Bildern wunderbar den Stil der 60er Jahre ein. Noch schöner hätte der Comic nur geraten können, wenn er wie das Cover farbig wäre. Doch bei 272 Seiten möge man das der Zeichnerin nachsehen.
Claudia Sandberg
Gallimard, 2015
27 €
Mit „Les variations d'Orsay“ setzt Manuele Fior die 2014 vom Verlag Futuropolis und dem Musée d'Orsay begonnene Koedition fort (siehe auch Catherine Meurisses „Moderne Olympia“).
Fior durchwandert die Säle des Musée d'Orsay, lässt dessen Gemälde lebendig werden und uns in die Phantasie der Aufseherin abtauchen. Er vermischt um die Jahrhundertwende im Künstlermilieu real stattgefundene Szenen mit Traumszenen und die Vergangenheit mit der Gegenwart. Dabei begegnen wir insbesondere dem jungen Edgar Degas. In harmonischen Farben und dem nur Manuele Fior eigenen Strich entwirft er eine Hymne an eines der schönsten Museen der Welt. Die Geschichte ist zugegeben unabgeschlossen und bisweilen verworren, aber das tut der Schönheit der dabei entstandenen Seiten keinen Abbruch.
Claudia Sandberg
Futuropolis, 2015
19 €
Olympia ist keine Unbekannte im Musée d'Orsay. Schließlich hat sie schon für Manet posiert und zwar nackt! Dennoch will sie sich nicht zufrieden geben, denn sie träumt von einer großen Hauptrolle und wer wäre besser geeignet für die Rolle der Julia als sie? Doch man bietet ihr nur Rollen als Statistin in langweiligen akademischen Gemälden an. Derweil träumt Olympia von der romantischen Liebe, die ihr in Gestalt von Romain begegnet, doch der ist ein Offizieller und sie gehört dem Lager der „Refusés“ an. Niemals würde Manet einer Verbindung zustimmen.
Mit viel Humor erweckt Catherine Meurisse die Gemälde des Musée d'Orsay zum Leben und liefert eine Satire auf die französische Malerei um 1900, bei der insbesondere Kenner der zahlreichen zitierten Gemälde auf ihre Kosten kommen. Eine weitaus gelungenere Begegnung zwischen Comic und Museum, als die zuletzt in der Reihe Louvre éditions erschienenen Titel.
Claudia Sandberg
Futuropolis, 2014
20 €
Der junge Paul desertiert nach einem traumatischen Erlebnis an der Front und versteckt sich tagelang bei seiner Ehefrau Louise. Doch er findet einen Ausweg aus der Illegalität: er verkleidet sich fortan als Frau. So erhält er eine Anstellung als Näherin, entdeckt aber bald auch andere Vorzüge seiner neuen Identität und wird schließlich zu einer bekannten Persönlichkeit im freizügigen Milieu des Bois de Boulogne. Louise, die Pauls Travestie zunächst unterstützt, muss mit ansehen wie sich ihr Ehemann über die Jahre immer mehr von ihr entfernt, ihre Liebe wird zu Hass und es kommt zum Eklat.
„Mauvais genre“ erzählt von einer Generation, die verzweifelt versucht, die Schrecken des Ersten Weltkriegs zu vergessen, ungewöhnliche Lebensweisen wählt und damit an die Grenzen der gesellschaftlichen Akzeptanz stößt. Chloé Cruchaudet erzählt diese wahre Begebenheit in reduzierten Schwarz-Weiß-Bildern mit roten Akzenten und es gelingt ihr ihrer Erzählung Intimität und Melancholie zu verleihen.
Claudia Sandberg
Delcourt, 2013
22 €
Italien im Jahr 2048: Raniero wird während einer Autofahrt von seltsamen Lichtphänomenen abgelenkt und baut einen Unfall. Verwirrt von den rational unerklärlichen Erscheinungen, bewahrt der Psychologe zunächst Stillschweigen über das Erlebte, doch dann wird ihm eine neue Patientin zugewiesen, die behauptet ähnliche Lichterscheinungen gesehen zu haben und sogar in telepathischem Kontakt mit den Außerirdischen zu stehen. Zwischen dem Psychologen in der Midlife-Crisis und der jungen attraktiven Dora entspannt sich ein erotisches Vertrauensverhältnis und schließlich werden die Zeichen auch für andere sichtbar.
Manuele Fior beweist mit „Entrevue" einmal mehr, dass er sich nicht auf bereits bewährte Techniken und Genres beschränkt, sondern immer wieder neue Herausforderungen wagt. Nach „5000 kilomètres par seconde", das 2011 mit dem Fauve d'Or ausgezeichnet wurde, legt er mit „Entrevue" eine intelligente Sciencefiction-Erzählung in stimmungsvollen Schwarz-Weiß-Bildern vor. „Entrevue" ist dabei keine durch und durch düstere Dystopie, sondern gehört zu jenen Sciencefiction-Erzählungen, die erlauben unsere Gegenwart zu reflektieren. Ein erzählerisches und zeichnerisches Meisterwerk, für das der Autor die nächste Auszeichnung verdient hat.
Claudia Sandberg
Futuropolis, 2013
28 €
Spätestens seit „Mes hommes de lettres“ weiß das französische Publikum um des großen Literaturinteresses der Comiczeichnerin Catherine Meurisse, die auch regelmäßig für Charlie Hebdo zeichnet. In „Le pont des arts“ geht sie nun den Verbindungen zwischen Malerei und Literatur auf den Grund. Ihr Spaziergang durch die französische Kunstgeschichte vom ausgehenden 18. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts erzählt humorvoll von den großen Persönlichkeiten, Gemälden und Paradigmen, die zwei Jahrhunderte französischer Kunstgeschichte geprägt haben.
Da lästert Delacroix im Hause George Sand über die Manierismen seines Kollegen Ingres, Théophile Gautier spricht von seinem „L’art pour l’art“ und stellt beim Anblick der Malerei der Realisten schockiert fest, dass in der Malerei schon längst ein Paradigmenwechsel stattgefunden hat, wohingegen Kollege Baudelaire in einem Rundgang durch den Louvre klarmacht, wo für ihn die Moderne hinführt. Nebenbei wird die Handlung der großen Künstlerromane Zolas und Balzacs zusammengefaßt.
Bei aller Übertreibung gibt Catherine Meurisse ein erstaunlich treffendes Resümee der französischen Kunstgeschichte. Dem Kenner muss dieser Comic ein großer intellektueller Spaß sein, dem Kunst-Laien wird vielleicht nicht jede Anspielung verständlich werden, doch ein Glossar erlaubt sich zu den einzelnen genannten Persönlichkeiten zu informieren.
Claudia Sandberg
Sarbacane, 2012
24 €
Gemeinsam mit der Szenaristin Julie Birmant, hat der Zeichner von „Aya de Yopougon“, Clément Oubrerie, eine neue fabelhafte Serie begonnen. „Pablo“ versetzt uns in das Paris des beginnenden 20. Jahrhunderts und erzählt von den Anfängen und dem Aufstieg Picassos. Der berühmte Maler begegnet im Comic den wichtigsten Figuren der französischen Kunstszene um 1900 und zeigt sie uns von unbekannter Seite: Degas wird als griesgrämiger alter Antisemit gezeigt, Berthe Weill als pragmatische Geschäftsfrau, der Poet Max Jacob als erster wahrer Entdecker Picassos und wir lernen den stets traurig-verliebten Carlos Casagemas kennen, dessen Selbstmord Picasso zu seiner blauen Periode inspirierte.
Der Clou des Ganzen ist jedoch, dass die Geschichte des Malers mit der Biographie einer ungewöhnlichen weiblichen Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts verwoben wird, derjenigen der wohl berühmtesten Muse des Malers: Fernande Olivier. Nicht zuletzt überzeugen auch die Illustrationen, die in harmonischen gebrochenen Farben die Stimmung auf dem Montmartre einfangen, die noch heute den Mythos der Stadt ausmacht. Und das Schönste zum Schluss: drei weitere Teile sind in Planung.
Claudia Sandberg
Dargaud, 2012
20 €
Am Tage sitzt Jeanine am liebsten in ihrem gemütlichen Wohnzimmer und schaut Quizshows und Pferderennen im Fernsehen. Auf den ersten Blick ist sie eine ganz normale 60ig-jährige, wäre da nicht ihr ungewöhnlicher Beruf. Denn Nachts arbeitet sie unter dem Pseudonym „Isa la Suédoise“ als Prostituierte in Straßburg. Offenherzig und unverklemmt, erzählt Jeanine ihrem jungen Nachbarn von ihrer Lebensgeschichte. Dabei kommen immer mehr sagenhafte Anekdoten zum Vorschein. Kann sie wirklich das Massaker vom 26. März 1962 in Algier überlebt haben? Wie kam sie dazu, auf dem Welt-Huren-Kongress in Amsterdam zu sprechen?
In seiner ersten Comicveröffentlichung rekonstruiert Matthias Picard puzzel-artig das Leben einer Frau, die während seiner Studienjahre seine Nachbarin war. Dabei beschreibt er gleichzeitig das persönliche Verhältnis, das während der gemeinsamen Treffen entstand. Seine originelle zeichnerische und erzählerische Umsetzung ist sowohl spannend als auch einfühlsam.
Claudia Sandberg
L’Association, 2011
21 €
Seine merkwürdige hellseherische Gabe bringt Ralph nichts als Sorgen ein. Nachdem seine Ernennung zum Auserwählten fehlgeschlagen ist, verachten ihn die Bewohner seines Dorfes, die Schwester seines Erzfeindes ist zu seinem Widerwillen dennoch unsterblich in ihn verliebt und dann sperrt man ihn auch noch zu den Schweinen, weil er den Ältestenrat verärgert hat. Als das Dorf von einer Horde von blutrünstigen Kriegern überfallen wird, bietet sich Ralph eine Möglichkeit sich zu beweisen…
RALPH AZHAM hat alle Ingredienzien um zu einem erfolgreichen DONJON-Nachfolger zu werden: Eine farbenfrohe Fantasiewelt, die von Trondheims Ehefrau Brigitte Findakly koloriert wurde, einen sympathischen Antihelden und witzige Dialoge.
Claudia Sandberg
Éditions Dupuis
15 €
Bastien Vivès’ neustes Buch mit dem schlichten Titel „Polina“ erzählt die Entwicklung einer kleinen Primaballerina hin zu einer erfolgreichen Künstlerin des modernen zeitgenössischen Tanzes. Zeichnerisch studiert Vivès hierin Bewegung, Harmonie und Ausdruck im Ballett. Er konzentriert sich dabei ganz sachlich allein auf das Element der Linie und schafft damit in ihrer Einfachheit schöne Schwarz-Weiß-Zeichnungen, ganz frei von klebrigem rosa Kitsch. Aber Vivès ist nicht zuletzt auch ein Meister des Erzählens und so begegnet der Leser Polina an den entscheidenden Etappen, die den Lauf ihres Lebens bestimmen werden: die erste Aufnahmeprüfung, der harte Einzelunterricht, die Freundschaften im Internat und... ...natürlich die Liebe. So ist Bastien Vivès ein zugleich zärtliches, aber auch düsteres Porträt des Balletts gelungen. Denn das Leben einer Tänzerin ist nicht immer einfach und schön.
Claudia Sandberg
Éditions Casterman
21 €
In „Le goût du chlore“ widmet Bastien Vivès sein künstlerisches Talent einem eigentlich banalen Ort: dem Schwimmbad. Dorthin folgen wir einem jungen Mann, dem wegen seiner fortgeschrittenen Skoliose regelmäßiges Schwimmen verordnet wurde. Von Natur aus eher unsportlich, kostet es ihn anfangs einige Überwindung sich einmal wöchentlich im Schwimmbecken zu ertüchtigen. Doch das ändert sich schnell, als er dort eine hübsche und überaus sportliche junge Frau kennen lernt. Was wie eine klassische Liebesgeschichte beginnt, führt uns dennoch nicht raus aus dem Schwimmbecken, rein in eine Beziehung, sondern nur immer tiefer ins Wasser. Denn Bastien Vivès’ Ziel ist es, mit akkurat gesetztem Strich immer wieder andere Ansichten des menschlichen Körpers beim Schwimmen darzustellen.
Die kühle Atmosphäre des Schwimmbads in blau-grünlichen Farbtönen und die evozierte Stille unter Wasser werden vom Künstler zu einer surreal anmutenden Welt ästhetisiert, in die man von Seite zu Seite mehr eintaucht, bis man glaubt das Chlorwasser riechen, ja schmecken zu können.
Claudia Sandberg
Éditions Casterman
20 €
Die Trilogie um Rosalie Blum ist ein Comic für Erwachsene. In sprühenden Farben und mit Liebe zum Detail hat die junge Illustratorin Camille Jourdy eine mitreißende Geschichte um skurril-komische Charaktere ersonnen: Da ist zunächst Vincent, der einsame Friseurladeninhaber, der sich nicht von seiner tyrannischen Mutter emanzipieren kann und von der Freundin verlassen wurde. Aber auch Aude ist unzufrieden mit ihrem Leben. Nachdem sie das Studium abgebrochen hat, lebt sie orientierungslos in den Tag hinein und teilt ihre Wohnung mit einem gescheiterten Zirkusakrobaten samt dessen ungewöhnlichen Haustieren. Im Mittelpunkt steht jedoch die mysteriöse Rosalie Blum. Als Vincent die Verkäuferin eines Tages in einem Lebensmittelgeschäft sieht, hat er ein Déjà-vu. Wann in seinem Leben hat er diese Frau nur schon einmal gesehen? Auf der Spur des Rätsels Lösung beginnt Vincent Rosalie Blum auf Schritt und Tritt zu folgen. Doch er ist nicht der einzige, der hier jemanden ausspioniert. Mit großem zeichnerischen Talent und erstaunlicher Sensibilität hat Camille Jourdy trotz der depressiven Veranlagung ihrer Charaktere ein wahres „Gute-Laune-Buch“ geschaffen. Zurecht hat die Autorin für „Rosalie Blum“ 2009 den Grand Prix RTL erhalten. Un vrai bijou!
Claudia Sandberg
Éditions Actes Sud
Band 1, „Une impression de déjà-vu“, 2007 - 21 €
Band 2, „Haut les mains, peau de lapin !“, 2008 - 21 €
Band 3, „Au hasard Balthazar !“, 2009 – 21 €
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Französische Buchhandlung
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